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Der Ehegattenunterhalt bemisst sich während der Trennungszeit grundsätzlich nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

Grundgedanke ist, dass die ehelichen Lebensverhältnisse auch noch nach der Trennung bestehen und erst durch die Scheidung beendet werden. Der nacheheliche Unterhalt bemaß sich bis zur Unterhaltsreform 2008 ebenfalls - und zwar ausschließlich - nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

Soweit der Ehegattenunterhalt also nicht etwa durch eine Neuheirat des unterhaltsberechtigten Ehegatten oder durch Verwirkung ein (vorzeitiges) rechtliches Ende fand und nicht insbesondere eine kurze Ehe gegen einen dauerhaften Unterhaltsanspruch stand, konnte durchaus ein langjähriger - manchmal auch lebenslanger - Ehegattenunterhaltsanspruch in Rede stehen.

Der in diesem Zusammenhang oft zitierte Spruch "Einmal Chefarztgattin - immer Chefarztgattin" mag reißerisch sein, doch er verdeutlicht das Problem: Verdient der unterhaltsverpflichtete Ehegatte als Chefarzt netto 10.000 Euro monatlich, seine geschiedene Frau als ausgebildete Krankenschwester hingegen 1.500 Euro netto monatlich, bemisst sich der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Gattin grundsätzlich nach diesen Einkommensgrößen. Soweit nicht eine Unterhaltsberechnung nach konkretem Bedarf erfolgt, sondern nach Quote, bedeutet dies (andere Fallumstände hier unberücksichtigt):

Bedarf der Frau: 3/7 (Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus) von 10.000 Euro =  gerundet 4.286 Euro. Hiervon kann sie bedarfsdeckend erwirtschaften: 1.500 Euro.

Restanspruch somit: 2.786 Euro.

Diese - vorstehend sehr vereinfacht dargestellte Berechnung des Ehegattenunterhaltes - gilt im nachehelichen Unterhalt dann nicht mehr, wenn eine Unterhaltsberechnung nach (eigenem) angemessenen Bedarf des Unterhaltsberechtigten erfolgt. Die Unterhaltsreform von 2008 hat hier einen bedeutenden Wandel vollzogen und die grundsätzliche wirtschaftliche Eigenverantwortung der früheren Ehepartner rechtlich deutlich stärker betont. Folglich gibt es die frühere "Lebensstandardgarantie" nach den ehelichen Lebensverhältnissen in den "zeitlich unbegrenzten" nachehelichen Raum nicht mehr.

Da der Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen meist den Unterhalt nach dem (eigenem) angemessenen Bedarf übersteigt (und der Unterhaltsanspruch nach eigenem angemessenen Bedarf nicht höher sein darf als derjenige nach den ehelichen Lebensverhältnissen wäre), strebt der Unterhaltsverpflichtete regelmäßig einen raschen Wechsel zu der ihm günstigeren Berechnung nach dem eigenen angemessenen Bedarf des Unterhaltsberechtigten an. Der Unterhaltsverpflichtete will hingegen die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen so lang wie möglich "sichern".

Hier kommt es auf die rechtlich zutreffende Behandlung von vielen Detailfragen - auch in prozessualer Hinsicht - an!